Musikal "Anatevka" erinnert an Geschehen in der Ukraine - Besucher verharren am Ende in Stille
Viermal hatte das Freie Landestheater Bayern Anlauf genommen ... ... nun schlug die Geschichte über das kleine ukrainische Schtetl Anatevka, den Milchmann Tevje und seine Familie und das Progrom, das sie zur Flucht aus ihrer Heimat zwingt, ein wie eine Bombe. ... schweigendes Gedenken statt Applaus...
Fulminant hatten die Mitwirkenden drei Stunden lang gegen Angst und Verzweiflung angespielt und damit der Kunst und ihrer Kraft ein Denkmal gesetzt... Unglaublich, wie die Darsteller auf der Bühne die Heiterkeit und die Hoffnung ... herausarbeiteten...
Überhaupt war diese gedeckte Farbigkeit - ob nun in der Musik, den Kostümen oder dem genialen, beweglichen und multifunktionalen Bühnenbild ... eindrucksvoll. Ebenso die eingefrorenen Bilder, wenn Milchmann Tevje, hervorragend dargestellt von Matthias Degen, ... wenn sich die älteste Tochter Zeitel (Melanie Renz) für die Liebe... entscheidet, wenn die Hodel (Verena Eckertz) den Weg eines Lebens in Gefahr ... einschlägt, ... wenn sich Cava (Carolin Ritter) für einen Russen entscheidet... Geradezu anrührend ist die Szene, in der er seine Frau Golde (Elisabeth Neuhäusler) nach 25 Jahren Ehe fragt, ob sie ihn liebt...
Anatevka des FLTB ist durchweg großartig besetzt... die Farbigkeit der Stimmen, die punktet... Monika Reiser beeindruckt als Heiratsvermittlerin Jente in langen gesprochenen Textpassagen mit ihrem Jiddisch...
Rudolf Maier-Kleeblatt vermag mit der Musik aufzufangen, was Regisseurin Julia Dippel emotional lostritt.