Beim Fest des Jedermann ist nicht nur der unerwartete Gast eine Überraschung

Rudolf Maier-Kleeblatt vertont das Spiel vom Sterben des reichen Mannes

(Miesbach) pm. „Ein bisschen ist es bei uns wie in des Kaisers neue Kleider. Eigentlich kommt das Fest gar nicht in Gang, die Becher bleiben leer und zu essen gibt’s auch nichts. Das merkt bloß keiner so richtig“. Und das, obwohl ja eigentlich ein opulentes, sündhaftes Gelage im Mittelpunkt des „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal steht. Aber Rudolf Maier-Kleeblatt, Gründer und Intendant des Freien Landestheaters Bayern (FLTB), das in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert, geht das zeitlose Spiel vom Sterben des reichen Mannes zeitgemäß und unkonventionell an, mit dem ihm eigenen, hintersinnigen musikdramatischen Humor. Und eben: Mit Musik. Es ist die erste Version des „Jedermann“ für ein Musiktheater und bis zur Uraufführung am 24. März im „Waitzinger Keller“ in Miesbach steigt die Spannung. Die Proben und die Arbeiten hinter den Kulissen laufen auf Hochtouren. Die Fans des Freien Landestheaters erwartet ein großes Kultur-Ereignis.
Rudolf Maier-Kleeblatts Anspruch lautet: niveauvolles, bairisches Musiktheater auf die Bühne bringen, mit Bezug zur Mundart und zur Region. Seit der Gründung im Jahr 1982 prägt der Vollblutmusiker und Kulturpreisträger der Stadt Miesbach das musikalische Leben im Oberland. Und weil es für seine klaren Vorstellungen oft zu wenig geeignete Stücke fürs Musiktheater gibt, komponiert er immer wieder selber. Die Erinnerung an den umjubelten „Rattenfänger“ aus Maier-Kleeblatts Feder ist noch frisch, da kommt nun pünktlich im Jubiläumsjahr der „Jedermann“ in der von ihm eingerichteten und vertonten Fassung auf die Bühne. Ehrensache, dass die Premiere im „Waitzinger Keller“, dem Stammhaus des Freien Landestheaters über die Bühne geht, zur Feier des zehnjährigen Bestehens des Miesbacher Kulturzentrums.

Ungefähr 300 Stunden benötigte Rudolf Maier-Kleeblatt, um für Kammerorchester, Chor und Solisten ein Werk in zwei Teilen zu schreiben, mit 30 Nummern sowie Prolog und Epilog, die das ganze Geschehen einrahmen – ein Werk, das in keine Schublade des Musiktheaters passt, das nicht den gängigen Vorstellungen von Oper, Operette oder Musical entspricht. „Am ehesten trägt es Züge eines Singspiels, wenn man denn nach einem Vergleich sucht“, so Rudolf Maier-Kleeblatt. „Aber eigentlich ist es etwas ganz eigenes, mit allen Musikrichtungen, die man sich nur denken kann“. Sein „Jedermann“ ist ein Stück, das alpenländische Lebensgefühl widerspiegelt, nicht unkritisch und durchaus mit feinen Seitenhieben auf aktuelle politische oder gesellschaftspolitische Themen, aber immer mit einem sympathischen Augenzwinkern. Der Komponist schöpft aus dem Vollen, vom G’stanzl, übers Requiem, der Klezmermusik oder Marschmusik bis hin zum Rap oder zu alten Volksliedern, a capella und rhythmisch gesprochenen Passagen für den Hauptdarsteller, der aus dem Schauspiel kommt. Und reflektiert mit seiner jüngsten Arbeit auch 25 Jahre Volkstheater, also bairische Hochkultur vom „Holledauer Fidel“ bis zum „Jedermann“.  

Die Geschichte: Gott mag es nicht länger ertragen, dass die Menschen durch die Missachtung seiner Gebote „in Sünd’ ersoffen“ sind. Er will Gerichtstag halten über sie und schickt seinen starken Boten, den Tod, um den Jedermann zu holen, damit er Rechenschaft ablege. Der Tod platzt unerwartet in ein ausgelassenes Fest mit Freunden und Vettern. Er fordert Jedermann auf, ihm vor Gottes Thron zu folgen, gewährt ihm jedoch eine letzte Frist. Innerhalb einer Stunde muss er bereit sein, darf sich aber noch einen Begleiter wählen. Doch weder Freundin, Freund, Vettern, Mägde und Knechte sind bereit, ihn zu begleiten. Selbst der Mammon verhöhnt ihn. Nun findet er nur noch Beistand in seinen Werken und dem Glauben, so dass ihm auch der Teufel nichts mehr anhaben kann. Oder doch? Es bleibt in der Version des Freien Landestheaters spannend bis zuletzt. Und möglicherweise darüber hinaus. Wie geht es weiter? Kommt der Jedermann in den Himmel oder landet er im Fegefeuer? Was ist mit Gnade, Vergebung der Sünden? Rudolf Maier-Kleeblatt verrät nicht zuviel. „Auch der Schluss ist unkonventionell.“ Fest steht nur eins: Auf Reichtum und Geld lohnt sich kein Neid….  

Regie führt Marcus Schneider, für die Kostüme zeichnet Katrin Scheeser verantwortlich und für das Bühnenbild Claudia Weinhart.

Premiere ist am Samstag, 24. März um 19 Uhr im „Waitzinger Keller“ in Miesbach. Karten gibt es im Vorverkauf unter Tel. 0 80 25/ 70 00-0. Weitere Vorstellungen: Sa. 31.03.19 Uhr München (Carl-Orff-Saal Gasteig); Fr. 20.04. 19 Uhr Miesbach („Waitzinger Keller“); Sa. 21.04. 19Uhr  München (Carl-Orff-Saal Gasteig);  sowie am Fr. 04.05. 19 Uhr und Sa. 05.05. 19 Uhr in Miesbach („Waitzinger Keller“).

Vitae des Komponisten und der Hauptdarsteller

Rudolf Maier-Kleeblatt – Intendant, Musikalischer Leiter

Rudolf Maier-Kleeblatt pflegt die Hochkultur auf bairisch. Nicht im Stil eines Bauerntheaters, sondern mit Stücken bayerischer Komponisten von Weltformat, mit bekannten Klassikern, denen er einen liebenswerten bairischen Tonfall verpasst, aber auch mit weniger bekannten Welturaufführungen wie der „Lola Montez“. Der 50-jährige Familienvater komponiert, arrangiert, dirigiert, inszeniert, singt, spielt Klavier, Geige und Posaune. An der Musikhochschule München studierte er Violine, Dirigieren, Chorleitung, Musikwissenschaft und Musikpädagogik. Schon ab 1970 schrieb der noch junge Musiker Besetzungen für kammermusikalische Kompositionen. Seine erste Musiktheaterproduktion war 1981 das Singspiel „Die Holledauer Fidel“.

Jörg Herwegh – Jedermann

Der 1961 geborene Schauspieler bezeichnet sich selbst als „Theaterverrückten". Ihn interessieren einfach sämtliche Facetten der Theaterarbeit. Deshalb ist er nicht nur seit 20 Jahren Theaterschauspieler, sondern auch in anderen Bereichen kreativ. So entwarf er im Jahr 2000 das Bühnenbild für die „Steiner Spiele“, einem Ritterspektakel im Chiemgau. Als Regisseur hat er sich längst etabliert – und das nicht nur mit seiner Theatergruppe „Das Narrenschiff" in Wasserburg am Inn. Als Solokabarettist zieht er ebenfalls durch die Lande, unter anderem mit seinem jüngsten Programm „Hölzenbein", das Anfang 2007 Premiere hatte. Seine Vielseitigkeit zeigt sich auch in den Theaterrollen. Da er den berühmten „Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal bereits zweimal spielen durfte, freut sich Jörg Herwegh besonders auf den „Bairischen Jedermann" des Freien Landestheaters Bayern.


Elisabeth Neuhäusler – Buhlschaft

war bereits während ihres Studiums am Richard-Strauss-Konservatorium München Mitglied im Konzertchor des Bayerischen Rundfunks und hatte dort Gelegenheit, bei zahlreichen Konzerten und Aufzeichnungen mit der Elite von Dirigenten und Solisten zusammenzuarbeiten. Am Freien Landestheater Bayern gehören nicht nur die großen Musical-Rollen wie Aldonza in „Der Mann von La Mancha“ und die Eliza in der bairischen Version von „My Fair Lady“ zu ihrem Repertoire, 1999 unternahm sie mit der Gänsemagd in „Königskinder“ einen Ausflug zum jugendlich-dramatischen Sopran. In der jüngsten Vergangenheit brillierte sie in „Nostradamus“ und nun in der aktuellen Produktion des „Bairischen Jedermann“ als Buhlschaft.